Sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister,
nach Einsichtnahme in das Protokoll der Bezirksvertretungssitzung vom 26.11.2014 möchten wir Sie hiermit in aller Form um Entschuldigung für die falsche Annahme bitten, sie hätten eigenmächtig den Tagesordnungspunkt 5.5 in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung gelegt.
Aufgrund der Wahrnehmungen eines Mitglieds der Bürgerinitiative, das an der Sitzung in der Bezirksvertretung teilgenommen hat und 2 Stunden auf den Tagesordnungspunkt 5.5 „Stand der Wohnbaulandprojekte“ warten musste, ist die Bürgerinitiative davon ausgegangen, dass der TOP vom öffentlichen in den nichtöffentlichen Teil geschoben worden ist.
Da von den Mitgliedern der Bezirksvertretung keine Stellungnahmen und/oder Erklärungen abgegeben worden sind – insbesondere auch keine Abstimmung erfolgt ist -, sind Sie als derjenige erschienen, der allein für eine Schiebung des TOP verantwortlich war.
Die Bürgerinitiative regt an, zukünftig öffentliche Sitzungen in der Bezirksvertretung – und auch in den sonstigen Gremien der Stadt Bochum – so zu leiten, dass der Ablauf der oftmals über Stunden dauernden Sitzungen auch für die oftmals seit Stunden auf die Behandlung eines TOP wartenden Bürger verständlich wird. Öffentliche Sitzungen müssen in ihrem Ablauf und bei der Behandlung der einzelnen TOPs für die in solchen Dingen unerfahrene Öffentlichkeit transparent erscheinen. Sind der Ablauf der Sitzung und die Behandlung einzelner Sachen für die an der Sitzung teilnehmende Öffentlichkeit nicht einfach verständlich und deshalb nicht nachvollziehbar, läuft jede Bürgerbeteiligung ins Leere.
Für die betroffenen Bürger erweckt die missverständliche Form der Behandlung der Sache den Eindruck des gezielten Verbergens.
Unabhängig davon, dass es sich bei dem Anlass unserer Beschwerde bei der Frau Oberbürgermeisterin um ein Missverständnis gehandelt hat, halten wir aber weiterhin unsere Kritik bezüglich der gesamten Verfahrensweise im Bebauungsplanverfahren 946, für das Sie in Ihrer Funktion als Leiter der Bezirksvertretung Bochum Südwest mitverantwortlich sind, für berechtigt.
Unter Ihrer Mitwirkung wurden in der Bezirksvertretung Bochum Südwest bereits einige der nachfolgenden juristischen Fehler im Bebauungsplanverfahren 946 beschlossen, auf die wir seit 2013 jeweils im Vorfeld der Entscheidungen wiederholt hingewiesen hatten (vgl. 14 Einwendungen der Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar vom 02.07.2014):
- Wahl des unzulässigen Bebauungsplanverfahrens nach §13a zur Umgehung des naturschutzrechlich erforderlichen Ausgleichs in der Biotopverbundfläche VB 4509-0037, trotz des Kenntnisstandes von der als erheblich eingestuften Bewertung der Umweltauswirkungen im Steckbrief des RFNP
- Verkauf von zum Teil bereits erschlossenen und nicht einmal zum Bebauungsplangebiet 946 gehörenden städtischen Grundstücken zum Dumpingpreis – hier ist eine gezielte Täuschung der Kommunalaufsicht durch die Verwaltung bei der Begründung des Verkaufs dokumentiert
- Festlegung des Bebauungsplangebiets 946 gegen die Vorgaben des Bundes-immissionsschutzgesetzes (BImschG) u. a. zu Ungunsten gewerblicher Anlieger
- Unzulässiger großflächiger Festgesteinsabbau mit hohen Bergbaurisiken für benachbarte Wohngebäude und Anwohner
- Gefährdung der Anwohner durch Verharmlosung der Altlastensituation u.a. hinsichtlich der Asbestbelastung des abzureißenden Bahnhofsgebäudes und der Planung einer Deponie für belastete Böden im Wohngebiet
Wir befürchten zudem, dass im 1. Quartal 2015 erneut schnell Fakten (wie z. B. durch Rodungs- und Erdarbeiten) geschaffen werden, ohne dass die Einwendungen vom 02.07.2014 berücksichtigt wurden.
Offenbar stehen für die Bochumer Verwaltung die weiteren Entscheidungen im Verfahren für die Aufstellung des Bebauungsplans 946 im 1. Quartal 2015 bereits fest. Wie sonst ist es z.B. zu erklären, dass Herr Grothe vom Umwelt- und Grünflächenamt in der letzten Sitzung des Landschaftsbeirates verkündet, dass der „Nordwald“ auf jeden Fall gefällt und die Pferdeweide (derzeit an den Reitstall Mateos verpachtet) als Kompensationsfläche für Ausgleichspflanzungen genutzt werden wird?
Soweit wir hier wiederum eine Erklärung in einer öffentlichen Sitzung falsch verstanden oder fehlerhaft interpretiert haben sollten, erbitten wir umgehende Aufklärung. Ohne diese Aufklärung werden wir durch die Verwaltung sowie durch fehlende Transparenz des Ablaufs von Sitzungen und der Behandlung der einzelnen TOPs durch die Mitglieder der jeweiligen Gremien – auch der Bezirksvertretung Bochum Südwest – zu Klageverfahren gezwungen.
Um diese Entwicklung zu stoppen, ist aus unserer Sicht eine öffentliche Diskussion der bisherigen Verfahrensweisen im Bebauungsplanverfahren 946 unerlässlich. Akzeptanz der betroffenen Bevölkerung kann auch in der Kommunalpolitik nur dann erreicht werden, wenn die Entscheidungen im Entstehungsprozess und im Ergebnis für die betroffene Bevölkerung transparent erscheinen. Fehlende Transparenz kann auch leicht zu Fehleinschätzungen führen.
Abschließend sei zum wiederholten Mal angemerkt, dass die Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar immer betont hat, dass gegen eine Bebauung des eigentlichen ehemaligen Bahnhofsgeländes grundsätzlich nichts einzuwenden ist. In unserer Bürgerinitiative sind u.a. langjährig erfahrene Experten der Bereiche Naturschutz, Altlasten, Bergbau und Immissionsschutz engagiert, deren berechtigte Einwände gegen den B-Plan immer juristisch korrekt formuliert wurden. Laden Sie uns zur öffentlichen Diskussion des Bebauungsplanverfahrens 946 in die Bezirksvertretung ein, wir stehen Ihnen und der Bezirksvertretung Bochum Südwest im Vorfeld eines zwingend notwendigen neuen Aufstellungsbeschlusses gerne mit unserer fachlichen Kompetenz zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Die Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar