Sehr geehrte Damen und Herren,
die Stadt Bochum fördert die Interessen eines potenziellen Investors, der auf dem Gelände des ehemaligen Bahnhofs Weitmar und angrenzenden städtischen Waldflächen Einfamilienhäuser (Bebauungsplan 946) errichten möchte. In der öffentlichen Diskussion blieben u. a. wesentliche Forderungen des Immissionsschutzes bisher unberücksichtigt.
Der zurzeit öffentlich verfügbare Bebauungsplanentwurf 946 für das Gelände des ehemaligen Bahnhofs Weitmar und der angrenzenden städtischen Waldgrundstücke sieht eine dichte Bebauung mit 78 Wohneinheiten vor, die im Südosten bis unmittelbar an die Grenze von zwei Gewerbebetrieben reicht (Hartmann GmbH & Co. KG, Automobilservice Wagener Ltd.), deren Anlagen Lärm emittieren. Für die derzeitigen Nachbarn dieser Betriebe verursachen die Lärmemissionen aufgrund einer geeigneten betrieblichen Bauweise und entsprechenden Schallschutzmaßnahmen keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG).
Unabhängig davon, ob es sich bei den beiden Gewerbebetrieben im Sinne des BImSchG um genehmigungsbedürftige Anlagen (mit einer Genehmigung nach BImSchG) oder um nicht genehmigungsbedürftige Anlagen (mit Anforderungen zum Immissionsschutz in der Baugenehmigung) handelt, sind auch bei einer im Zuge neuer Planungen heranrückenden Bebauung die jeweiligen genehmigungsrechtlichen Auflagen für die Anlagen der Betriebe ggf. nachträglich zu erfüllen.
Aus diesem Grund kommt gemäß Abstandserlass NRW 2007 (RdErl. d. MKULNV – V-3 – 8804.25.1 v. 6.6.2007) dem ausreichenden Abstand zwischen Industrie- und Gewerbebetrieben einerseits und Wohngebieten andererseits in der Bauleitplanung insbesondere bei Neuplanungen besondere Bedeutung zu, da es auch bei bestimmungsgemäßem Betrieb emittierender Anlagen trotz eingehaltenem Stand der Technik zu erheblichen Nachteilen oder Belästigungen z. B. durch Geräusche kommen kann. Zur Vermeidung von Konflikten zwischen den einzelnen Interessengruppen wurden in diesem Erlass Abstände u. a. hinsichtlich des Lärmschutzes festgesetzt. Die Abstandsliste ist anzuwenden zur Gewährleistung ausreichender Abstände zwischen gewerblichen/industriellen Anlagen und Wohngebieten sofern diese an vorhandene oder geplante Gewerbe- und Industriegebiete heranrücken.
Aus diesem Grund verweisen wir vorsorglich auch auf § 50 BImSchG: „Bei raumbedeutsamen Planungen … sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen
Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen … auf die
ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete … so weit wie möglich
vermieden werden …“.
Anhand zahlreicher Beispiele aus der Wirtschaft ist belegbar, dass bei Nichteinhaltung der
entsprechenden Abstände Klagen der neuen Anwohner gegen die Lärm-Emissionen der
Unternehmen Hartmann GmbH & Co. KG (z. B. rückwärtsfahrende Gabelstapler) und
Automobilservice Wagener Ltd. (z. B. Karosseriearbeiten) erfolgreich sein würden. Die
beiden Unternehmen wären also bei einer Umsetzung der bisher vorliegenden
Bebauungsplanung zu investitionsintensiven Lärmschutzmaßnahmen verpflichtet, die einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen und somit die Arbeitsplätze der
Beschäftigten gefährden würden.
Nach den vorangegangenen Ausführungen gibt es zur Vermeidung von wirtschaftlichem
Schaden der beiden Gewerbebetriebe nur zwei Alternativen für den Bebauungsplan 946:
Alternative 1:
Die vorgeschriebenen Abstandsradien zwischen den Betrieben und der neuen Bebauung
von 100 m (Automobilservice Wagener Ltd. – Abstandsklasse VII) bzw. 200 m (Hartmann
GmbH & Co. KG – Abstandsklasse V) werden gemäß Abstandserlass 2007 eingehalten. Die Anlage 1 zu diesem Schreiben skizziert ein entsprechendes Beispiel (mit Berücksichtigung der ursprünglichen Trasse des Springorum-Radwegs).
Alternative 2:
Der potenzielle Investor wird z. B. über den Bebauungsplan verpflichtet, zum Schutz der
beiden Betriebe vor Anwohnerklagen geeignete Lärmschutzmaßnahmen zu errichten. Diese Alternative enthält wegen des (z. B. bei im Bebauungsplan unzulänglich definierten
Schallschutzmaßnahmen) rechtlich immer vorrangigen Anspruchs der herangerückten
Anwohner auf Immissionsschutz ein entschieden zu hohes Risiko für die Gewerbebetriebe.
Aus diesem Grund wurde keine entsprechende Skizze erstellt.
Beide Alternativen können noch problemlos in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung des
potenziellen Investors eingehen, da der Vertrag zum kürzlich erfolgten Kauf des
Bahngrundstücks durch den Investor wegen des bisher fehlenden Bebauungsplans mit
Sicherheit eine Ausstiegsklausel enthält.
Abschließend fordern wir zum wiederholten Mal eine Berücksichtigung der privaten und
gewerblichen Anwohnerinteressen, da die Stadt Bochum in ihren Argumentationen für den Bebauungsplan 946 noch immer ausschließlich die Interessen des potenziellen Investors vertritt, der im Gegensatz zu den Anwohnern noch gar nichts zu verlieren hat.
Die Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar wird den beiden Gewerbebetrieben ihre Unterstützung anbieten sowie die Einschaltung eines Lärmsachverständigen und darüber hinaus Klagen gegen den Bebauungsplan empfehlen, sobald er ausliegt.
Mit freundlichen Grüßen
Die Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar